Hans Martin Ruwoldt
Die Bronze "Sich leckender Gepard" von 1949/59 wird im Rahmen der Jubiläumsausstellung OUTSIDEINSIDE am 15. Mai 2021 im Skulpturenpark präsentiert.
Ein Stipendium ermöglichte es dem jungen Ruwoldt vor dem Ersten Weltkrieg bei Richard Luksch an der damaligen Kunstgewerbeschule in Hamburg zu studieren.
Der Künstler durchlitt den Ersten Weltkrieg als Soldat und in französischer Gefangenschaft. Diese Zeit und seine eigenen Erlebnisse brachten ihn zum Tiefpunkt seines Lebens. Nach Kriegsende wollte er kein Bildhauer mehr sein.
Nur sehr langsam und zögerlich konnte er die erlebten Schreckensbilder bannen und seiner Depression Herr werden. Viele Jahre war es ihm überhaupt nicht mehr möglich, dem Bilde des Menschen glaubwürdige Gestalt zu geben. So trat das Tier immer stärker in das Blickfeld seines künstlerischen Schaffens und er wandte sein ganzes Wesen der Kreatur zu. Die Kreatur in ihrem schlichten Dasein, in ihrer natürlichen Reinheit ohne jegliche Schuld, in ihrem Schweigen war für sein zerstörtes Gleichgewicht wie ein besänftigendes Heilmittel. Dieses Band, diese Bande, die Ruwoldt damals zu den stillen Gefährten des Menschen gebunden hat, sind auch nie wieder gelöst worden.
Verkürzt könnte man Ruwoldts Weg als Bildhauer so benennen: Von der beherrschten Wiedergabe des Naturschönen zu einer Schönheit, die das bloße Abbild der Natur verlässt und im Zusammenspiel und im Aufeinandertreffen „reiner“ Formen eine ganz eigene Melodie entstehen lässt. Tierische, pflanzliche und anorganische Elemente verschmelzen unter seiner Hand zu einem gemeinsamen Ausdruck erhöhten Lebens.
Der eigentümliche Reiz von Ruwoldts Skulpturen und Plastiken liegt aber nicht zuletzt auch darin, dass er in seiner Abstraktion das Naturnahe nicht ganz eliminiert. Er treibt seine Abstraktion eben nicht so weit, dass sie zuletzt ein gegenstandloses Spiel wird.
Am Ende seines Lebens vermachte Hans Ruwoldt einen bedeutenden Teil seines Werks dem Museum für Kunst und Gewerbe in Hamburg. Einen Monat nach seinem Tod zerstörte ein Feuer sein Atelier und Wohnhaus. Manfred Sihle-Wissel und weiteren Künstlerfreunden ist es zu verdanken, dass viele seiner Werke vor den Flammen gerettet werden konnten. Einige Blätter tragen noch die Spuren dieses Geschehens.
Die Arbeiten im Sammlungsbestand stammen überwiegend aus dem Besitz des Ruwoldt Schülers und Bildhauers Manfred Sihle-Wissel, der ebenfalls in der Gerisch-Stiftung vertreten ist.
Text in abgeänderter Form mit freundlicher Genehmigung von Manfred Sihle-Wissel